Beim Thema Luxushandtaschen denken viele wohl als erstes an Produkte, die aus teurem Leder gefertigt sind. Auf den ersten Blick sind auch die hochwertigen Taschen von Melina Bucher nicht von Accessoires aus Echtleder zu unterscheiden. Doch Bucher, die im Jahr 2018 ihr gleichnamiges Label auf die Beine gestellt hat, produziert von Anfang an komplett vegane Handtaschen. Diese stehen qualitativ anderen, nicht-veganen Taschen in nichts nach. Im Gegenteil. Sie passen perfekt in den exquisiten Lifestyle, erfüllen einen hohen Qualitätsanspruch, aber verursachen kein Tierleid. Ein Punkt, der für Bucher nicht verhandelbar ist. Und somit verbindet sie mit ihrem Label Komfort mit Ethik.

Taschen haben in ihrem Leben schon immer eine große Rolle gespielt. Als 18-Jährige bekommt die gebürtige Seckenheimerin zum Abitur eine Louis Vuitton-Handtasche. Doch Bucher, die damals schon Vegetarierin ist und inzwischen seit vielen Jahren vegan lebt, stört es, dass die edlen Teile aus Leder bestehen. Um ihrem Faible für hochwertiges Design weiterhin mit gutem Gewissen frönen zu können, sucht sie tierfreie Alternativen, wird aber nicht fündig. „Kunstledertaschen sind nicht automatisch vegan", sagt sie. So werden häufig für den Kleber- oder die Farbe Materialien benutzt, die nicht tierfrei sind. Die rein veganen Produkte gefielen ihr nicht, daher wollte sie die Marktlücke schließen. Die tierfreien Taschen sollten nämlich auch langlebig sein und ihr optisch gefallen.

Die modeaffine junge Frau designt inzwischen ihre eigenen veganen, in feinster Handarbeit hergestellten Handtaschen und vertreibt diese erfolgreich. Ihre ersten drei Modelle in verschiedenen Größen verkauft sie auf ihrer Homepage, bei Zalando und in PopUpStores: Sie heißen Indy, Trudy und Angel und sind nach den tierischen Begleitern aus ihrem Leben benannt. Sie setzt auf zeitloses Design: Bucher will vermeiden, dass ihre Kunden sich gezwungen fühlen, sich jedes Jahr eine neue Kollektion kaufen zu müssen. Die Luxusgüter sollen langlebig sein. Denn Nachhaltigkeit liegt ihr besonders am Herzen. Daher möchte die junge Unternehmerin mehr als ausschließlich vegane Taschen zu kreieren: Die Produkte sollen auch komplett kreislauffähig werden. ,,Wir haben uns schon 2019 dafür entschieden, dass wir kreislauffähige Materialien in unseren Produkten verwenden möchten. Doch als wir angefangen haben, gab es noch kein veganes plastikfreies Leder, das unserem Anspruch an Langlebigkeit entsprochen hat", sagt sie. ,,Egal ob man Produkte aus tierischem Leder oder Lederalternativen anschaut, sie landen nach der Nutzung fast ausschließlich auf dem Müll oder werden verbrannt, da sie nicht recyclingfähig sind", sagt sie. „Da wollen wir in der Branche ein wirkliches Produkt erschaffen, das am Ende nicht auf dem Müll landet, sondern bei dem alle Komponenten biologisch abbaubar sind." Wenn sie in der Natur zurückgelassen werden, sollen sie keinen Schaden anrichten, sondern irgendwann wieder zu Erde werden. Ob in Tagen oder einem Jahr, das müsse man allerdings noch testen. „Aber es soll eben sein, ohne dass irgendwelches Mikroplastik oder ungesunde Chemikalien in die Natur gelangt."

Inzwischen hat Melina Bucher ein Material gefunden, das ihren Ansprüchen in Sachen Kreislauffähigkeit gerecht wird. ,,Deshalb haben wir uns sofort reingestürzt, als wir von Mirum gehört haben." Mirum besteht aus rein natürlichen Rohstoffen und ist plastikfrei. Beim Start-up Natural Fiber Welding aus Illinois, USA, das Mirum entwickelt hat, war Bucher von Anfang an mit im Boot. So kann sie Feedback für die Anwendung im Bereich Lederprodukte geben. ,,Mit uns haben sie das Material für Handtaschen entwickelt“, sagt sie. „Wir haben im Januar die erste Tasche daraus gelauncht und erweitern die Kollektion um weitere Produkte aus dem Material." Die Tasche heißt Bailey, nach dem Cockerspaniel aus dem Tierschutz, der seit vergangenem Jahr bei ihr und ihrer Familie lebt. ,,Bailey war die perfekte Inspiration für unser neues Taschenmodell." Der Beigeton des Accessoires entspreche exakt seiner Fellfarbe. „Das hat wie die Faust aufs Auge gepasst." Das Potential für Mirum hat inzwischen auch BMW erkannt und in das Material Start-up investiert.

Gleichzeitig ist die 28-Jährige damit beschäftigt, ihre Produkte ,,Cradle-to-Cradle" zertifizieren zu lassen. ,,Das vegane Leder ist bereits komplett kreislauffähig", betont sie. Gleichzeitig arbeitet das fünfköpfige Unternehmen daran, die gesamte Handtasche als Endprodukt kreislauffähig zu machen. „Für das Projekt sind wir auch im EU Fashion for Change-Programm“, erklärt Bucher. ,,Dawerden Start-ups gefördert, die kreislauffähige Produkte in der Modeindustrie etablieren möchten."

Hinter den Kulissen ist Bucher mit vielen anderen innovativen Material-Entwicklern in Gesprächen. Wenn die Materialien weiterentwickelt sind, sollen diese in den Taschen eingesetzt werden. ,,Wir sind Entwicklungspartner für viele geworden. Das ist superspannend und macht viel Spaß." Der nächste Schritt: Die Handtasche soll komplett recyclingfähig werden. Bucher hat zudem ein Retake-Programm entwickelt. Wenn man die Tasche nicht mehr nutzen möchte, kann man sie zurückgeben und es wird dafür gesorgt, dass sie richtig recycelt wird. „Unsere Tasche ist aber noch so neu auf dem Markt, dass wir noch keine Rückläufe haben." Sie lacht. ,,Wir sind aber schon mal gewappnet für die Zukunft." Mit Bailey kann Bucher einen weiteren Erfolg verbuchen ,,Wir sind als Finalisten für den deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert worden, der am 1. Dezember in Düsseldorf verliehen wird." Tanja Capuana-Parisi