Mannheim. Ewig Streit mit dem Partner? Angst vor einer Trennung? Dann frag couch:now. Das schlagen zumindest die Macher einer neuen Plattform für Online-Selbsthilfe vor. Andreas Leonhard und Stefan Junker sind Geschäftsführer und Gesellschafter der E-Health Evolutions GmbH, die sie gemeinsam mit der Mannheimer Digitalgruppe Performance One gegründet haben. Die Mannheimer sehen im Gesundheitsmarkt starke Zukunftsperspektiven. Ihr Programm, das von einer Künstlichen Intelligenz unterstützt wird, soll die hohe Nachfrage nach psychologischer und psychotherapeutischer Beratung befriedigen. Den Anfang machen die Beziehungsprobleme, weitere Themenfelder sollen folgen.Herr Leonhard, Herr Junker, wie kamen Sie auf die Idee einer digitalen Therapiecouch?Andreas Leonhard: Es gibt unheimlich viel Bedarf, die Menschen suchen nach Hilfe, aber es gibt zu wenig Therapieplätze. Da haben wir uns überlegt, ob wir die Möglichkeiten des Internets und der Digitalisierung nicht nutzen können, um das Loch zu stopfen.Stefan Junker: Die durchschnittliche Zeit von der Entstehung erster Symptome bis zur Suche nach einem Therapieplatz liegt bei vier bis sieben Jahren. Das ist ein irrsinnig langer Zeitraum. Es dauert, bis Menschen den Entschluss fassen, professionelle Hilfe zu suchen, und dann warten sie noch einmal auf einen ersten Termin beim Experten. Diese beiden Hürden möchten wir abbauen.Wie funktioniert couch:now?Leonhard: Couch:now ist kein Programm von der Stange, sondern ein maßgeschneidertes Angebot. Auch wenn es sich nicht um eine persönliche Beratung durch einen Therapeuten oder eine Therapeutin handelt.Junker: Wir arbeiten mit anerkannten und erfahrenen Therapeuten, Psychologinnen, Wissenschaftlern zusammen. Diese haben exklusiv für unsere Plattform Video-Episoden produziert, jede ist etwa 15 Minuten lang, in denen sie ihren Input, ihre Empfehlungen zu ganz konkreten Themen oder Problemen geben.Die schaue ich mir an?Junker: Genau! Allerdings nicht wahllos. Zum Einstieg findet eine Online-Befragung statt, bei dem der Klient unter anderem Angaben zu seiner Person macht und seine Sorgen oder die Dinge benennt, die ihn belasten, die er ändern möchte. Der Algorithmus, der dem Programm zugrunde liegt, wertet das aus und schlägt dann mehrere Video-Episoden vor. Diese sieht sich der Klient an, er erhält Anregungen, Ideen, neue Sichtweisen. Das Feedback im Anschluss fließt zurück in den Algorithmus, der erneut Therapeuten und Video-Episoden vorschlägt.Das heißt, ich werde von einem Algorithmus therapiert?Junker: Das nicht. Der Algorithmus dient nur dazu, das Angebot so individuell und spezifisch wie möglich zu machen. Er erfasst, wie ist jemand drauf, welche Inhalte passen am besten. Die eigentliche Beratung erfolgt durch die Psychologen und Psychotherapeuten.Aber sieht der Algorithmus auch, wenn es mir schlechter geht oder wenn durch die Videos etwas getriggert wird, was die Situation sogar verschlimmert?Junker: Der Algorithmus würde erkennen, wenn bestimmte rote Warnlampen angehen und auch darauf hinweisen. Das Befinden wird regelmäßig abgefragt. Letztlich liegt es in der Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer, mit der eigenen Situation verantwortungsvoll umzugehen. Couch:now unterstützt mit einigen der besten deutschsprachigen Therapeuten Menschen in ihrer Eigenverantwortlichkeit.Leonhard: Wir bewegen uns im subklinischen Bereich, der Leidensdruck darf grundsätzlich nicht so ausgeprägt sein, dass eine persönliche Betreuung durch Lebende nötig würde.Junker: Unser Anspruch ist, eine neue Art der Unterstützung anzubieten, eben eine digitale Lösung, die sofort, jederzeit und überall verfügbar ist. Couch:now ersetzt nicht die Diagnostik durch einen Facharzt oder Psychologen.Sobald ich einen Termin bei einem Facharzt habe, wechsele ich in die Realität?Junker: Das kann sein. Die einen werden mit couch:now Wartezeiten überbrücken, die anderen werden sich damit selbst helfen können. Wieder andere werden das als Begleitung in der Nachsorge nutzen. Unser Fokus ist, die Leute frühzeitig zu erreichen und auch diejenigen anzusprechen, zum Beispiel die Männer, die ansonsten gar keine Beratung in Anspruch nehmen würden.Mit welchen Problemen kann ich zu couch:now kommen?Leonhard: Aktuell mit Paar-, Ehe- und Beziehungsproblemen. In den nächsten Monaten werden Burnout und Lebenskrisen sowie Einsamkeit dazu kommen. Weitere Themen sind schon in der Vorbereitung.Was ist der Kostenpunkt für die Therapie?Junker: 189 Euro. Dafür stehen 74 Episoden von 14 verschiedenen Expertinnen und Experten zur Verfügung. Wobei der Bestand wachsen wird.Und wenn der Burnout dann demnächst auch behandelt wird, müsste ich einen neuen Zugang buchen?Junker: Genau, pro Thema ist ein Zugang nötig. Bei Paarproblemen erhält der Partner seinen Zugang für die Hälfte.Stefanie Ball

Gesundheit: Zwei Mannheimer Unternehmer starten mit couch:now eine digitale Plattform für psychologische Selbsthilfe

Psychologe und Gründer

„Sofort und überall verfügbar“, so Mannheimer Psychologe Andreas Leonhard über couch:now-2
(BILDER: couch:now)
„Sofort und überall verfügbar“, so Mannheimer Psychologe Andreas Leonhard über couch:now-3


Die Plattform couch:now wird von der E-Health Evolutions GmbH betrieben, die Stefan Junker (46, Bild oben) und Andreas Leonhard (49, Bild unten) gegründet haben.

Junker ist promovierter Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut; er hat eine eigene Praxis. Zudem arbeitet Junker als Coach und ist Ausbilder für klinische und medizinische Hypnose.

Leonhard ist studierter Marketing-Kommunikationswirt. Er hat bereits mehrere Start-ups in den Bereichen Online Learning und Online Akademien gegründet. sba