,,MM"-Redakteur Konstantin Groß (I.) hat Hubert Aiwanger schon mehrfach getroffen und interviewt, hier 2019 in Hirschberg. BILD: GROSS
,,MM"-Redakteur Konstantin Groß (I.) hat Hubert Aiwanger schon mehrfach getroffen und interviewt, hier 2019 in Hirschberg. BILD: GROSS

Herr Minister, viele bei uns kennen Sie vor allem vom Singspiel Nockherberg, wo Sie ja immer dargestellt werden. Freut Sie das oder ärgern Sie sich auch mal darüber?

Aiwanger: (lacht) Es gilt ja dabei das Motto ,Wenn man nicht derbleckt wird', wie wir in Bayern sagen, also, wenn man nicht beleidigt oder auf den Arm genommen wird, dann findet man nicht statt. Das muss man über sich ergehen lassen. Ich kann da in aller Regel herzhaft lachen.

Ihre Vorgänger als Festredner waren ja Größen wie Strauß, Kohl, Stoiber. Wie fühlen Sie sich in dieser Ahnengalerie?

Aiwanger: Es ehrt mich natürlich sehr, dass die Auswahl auf mich gefallen ist, dass die Selbstständigen sagen, der Aiwanger soll zu uns kommen. Denn als Wirtschaftsminister und auch von meiner eigenen Sozialisation her - ich komme ja selbst aus der Landwirtschaft und war Selbstständiger - ist das eine Berufsgruppe, die mir sehr am Herzen liegt.

Der Mathaisemarkt ist ja ein Weinfest, deshalb die Frage - ich weiß, an einen Bayern ziemlich blöd: Bier oder Wein? Und wenn Wein, dann rot oder weiß?

Aiwanger: Ich bin eigentlich Antialkoholiker. Beim Bier bin ich damit beim alkoholfreien Bier, beim Wein bei ganz besonderen Anlässen bei einem Schluck Weißwein, wenn überhaupt, dann einen Silvaner, oder auch einen Schluck Rotwein, der zum Wild passt. Wein ist eine Kostbarkeit, aber ich genieße ihn nicht in größeren Mengen.

Frage an den bayerischen Wirtschaftsminister: Ist der Weinbau in Bayern überhaupt ein Thema?

Aiwanger: Ja, im Fränkischen natürlich, im Südbayerischen weniger. In Franken haben wir gut 6000 Hektar Rebfläche und eine sehr wichtige Kulturtradition mit Wahl der Weinkönigin. Das sind dann auch gesellschaftliche Höhepunkte.

Es gibt ja viel Kritik an Bayern wegen der Energiepolitik. Hier werde die Energiewende verschlafen, heißt es. Ziehen Sie sich den Schuh an?

Aiwanger: Nein. Denn jede Region hat eben die Energieform, die zum Landstrich passt. Wir sind im Süden sehr sonnenstark und haben daher viel Photovoltaik. In Bayern sind wir bei Photovoltaik weit vorne. Traditionell haben wir auch sehr viel - Wasserkraft. Auch Biomasse, Biogas ist bei uns auch deutschlandweit führend. Lediglich bei der Windenergie hinken wir hinterher.

Was ist der Grund?

Aiwanger: Neben der schlechteren Rentabilität früherer Windräder war es natürlich auch das Modell der CSU mit der 10-H-Regel. Nach dieser Vorschrift musste bis Ende 2022 der Mindestabstand eines Windrades zur nächsten Besiedelung der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen. Das haben wir jetzt gelockert. Diese 10-H-Regelung in der Landesbauordnung ist nicht vom Himmel gefallen, sondern die Bürger wollten eben vor zehn Jahren die Windkraft in diesem Ausmaß nicht. Außerdem sind wir bei weitem nicht so windhöffig wie eben Nord- und Ostdeutschland. Und die Windräder haben sich bei uns wirtschaftlich auch kaum gelohnt.

Und heute?

Aiwanger: Vor zehn Jahren waren die Windräder nur 100 Meter hoch, heute sind sie 250 Meter hoch und stoßen damit in ganz andere Windzonen vor, können also sehr viel mehr Wind abgreifen. Und jetzt werden auch Windräder bei uns gebaut, wir haben sehr viele Anfragen, Hunderte von Windrädern sind jetzt in der Planung. Wir holen hier jetzt massiv auf.

Demnächst sind in Bayern Landtagswahlen, Ihre Freien Wählern stehen in Umfragen super da, stets zweistellig, bis zu zwölf Prozent. Wie haben Sie das geschafft?

Aiwanger: Indem wir die Stärke der Freien Wähler in der Kommunalpolitik in die Landespolitik herübergeklappt und sehr fleißig gearbeitet haben die letzten zehn, 20 Jahre. Wir sprechen die Themen an, die die normale Bevölkerung bewegt: Bezahlbarkeit von Energie, kann man sich die Wohnung noch leisten, wir verteidigen noch das Auto, die Landwirtschaft, den Mittelstand und machen nicht jeden Mainstream-Käse mit. Und das wird honoriert.

Nun tun sich die Freien Wähler an der Badischen Bergstraße schwer, sich als Partei zu begreifen. Welche Argumente haben Sie, um sie von Ihrem Weg zu überzeugen?

Aiwanger: Wer Politik macht, kann nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Die kommunalen Themen werden heute stark von Landesund Bundesebene beeinflusst, ich nenne nur die Asylpolitik und die Energiepolitik. Wir haben so viele qualifizierte Leute in unseren Reihen, da ist es jammerschade, wenn wir sie nicht ins Spiel bringen, zumindest auf Landesebene.

Was sind die Folgen, wenn das nicht geschieht?

Aiwanger: Das führt dazu, dass wir den Grünen das Feld überlassen. Würden die Freien Wähler in Baden-Württemberg systematisch den Landtagsweg beschreiten wie wir in Bayern, dann könnten sie in der Landesregierung mitarbeiten und hätten vielleicht nicht die Grünen an der Regierung - und keine so starke AfD. Die Verweigerungshaltung der Freien Wähler Baden-Württemberg führt zu einer starken AfD und zu Grünen an der Regierung.

Sie haben als Person ja einen unglaublichen Aufstieg hingelegt - vom Bauernsohn zum Vize-Regierungschef von Bayern. Müssen Sie sich manchmal kneifen, um zu prüfen, ob das alles wahr ist?

Aiwanger: (lacht) Das zeigt, dass Menschen vom Land eben vielfach unterschätzt werden. (-tin)