Hans-Ulrich Rülke ist am Sonntag, 12. März, 11 Uhr, Festredner der traditionellen FDP-Kundgebung auf dem Mathaisemarkt im Hotel ,,Ludwigstal". Im Vorfeld sprach der „MM" mit dem Chef der FDP-Landtagsfraktion, einem zentralen Akteur der Politik im Land.

Herr Rülke, der Mathaisemarkt ist ja ein Weinfest. Insofern darf die Frage nicht fehlen: Bier oder Wein? Und wenn Wein: rot oder weiß?

Hans-Ulrich Rülke: Ich trinke, ehrlich gesagt, sowohl Bier als auch Wein. Und beim Wein eher einen roten.

Nun sind wir ja in schwierigen Zeiten, es herrscht Krieg in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Manche fragen: Darf man da feiern? Was ist Ihre Meinung dazu?

Rülke: Wenn man auf Grund eines Krieges oder eines internationalen Konfliktes nicht mehr feiern darf, dann darf man überhaupt nie mehr feiern, weil es auf der Welt ständig irgendwelche Kriege und Konflikte gibt. Natürlich betrifft uns dieser Konflikt in besonderem Maße. Aber es kommt darauf an, dass wir die ukrainische Bevölkerung unterstützen und die ukrainische Armee wehrfähig halten. Davon haben die Menschen in der Ukraine mehr, als wenn wir darauf verzichten, Veranstaltungen wie den Mathaisemarkt abzuhalten.

Ihre Rede im Landtag zum Thema AfD im Oktober 2017 hat allgemeine Zustimmung gefunden und sich sogar zum Internet-Hit entwickelt. Wie erklären Sie sich das?

Rülke: Es ist ja außergewöhnlich, dass eine Landtagsrede am Ende von 30 Millionen Menschen angeklickt wird. Das ist ganz, ganz selten der Fall. Und das hat möglicherweise damit zu tun, dass mein Umgang mit - der AfD zwischen Kritik an dem, was die AfD tut, und einer gewissen Ironisierung dieser Partei einen Nerv in der Bevölkerung getroffen hat.

Nun werden ja andere Reden von Ihnen nicht so begeistert aufgenommen in Stuttgart sollen Sie ja den Beinamen ,,Brüllke" haben. Stört Sie das?

Rülke: Ich teile ja durchaus aus, und da muss man dann auch einstecken können. Das stört mich nicht. Es würde mich mehr stören, wenn die anderen mich ignorieren würden.

Wo sehen Sie die Zukunft der FDP in der Landespolitik - an der Seite der CDU oder eher in einer Ampel?

Rülke: Unsere strategische Perspektive werden wir entlang der realistischen Koalitionsoptionen 2025/26 entscheiden. Ich schließe nichts aus. Aber es ist kein Geheimnis, dass wir inhaltlich die meisten Übereinstimmungen mit der CDU haben.

Die Wahlen in Berlin waren ja für die FDP ein Schlag. Was ist Ihr Rezept dagegen?

Rülke: Wir haben in Baden-Württemberg nach wie vor zweistellige Umfragewerte und sind damit der einzige Landesverband, dem dieses gelingt. Das zeigt, dass wir offensichtlich eine Politik machen, die bei der Bevölkerung ankommt.

Die einen kritisieren, die FDP sei in der Ampel in Berlin Steigbügelhalter für linke Politik, die anderen sagen, ohne die FDP wäre alles noch schlimmer. Was sagen Sie?

Rülke: Unsere Wählerinnen und Wähler schätzen die Ampel nicht besonders. Es sind zwei linke Parteien, mit denen man Kompromisse finden muss. Aber es gibt durchaus Erfolge.

Welche würden Sie nennen?

Rülke: Nehmen wir mal die Corona-Politik. Dass es zu keiner Impfpflicht kam und dass mittlerweile alle Corona-Maßnahmen entfallen sind, wäre ohne die FDP nicht denkbar. Und wir haben auch eine deutliche Steuererleichterung im Bereich der Kalten Progression durchgesetzt, davon profitieren 48 Millionen Menschen. Das haben wir in der Ampel durchgesetzt, bei Frau Merkel konnten wir das nicht durchsetzen.

Ein wichtiges Thema, auch hier gerade aktuell in Schriesheim, ist die Unterbringung von Geflüchteten. Welche Lösung sehen Sie?

Rülke: Da gibt es keine einfachen Lösungen. Aber ich empfehle, den Rechtskreiswechsel für ukrainische Flüchtlinge zu überdenken.

Was bedeutet das?

Rülke: Die ukrainischen Flüchtlinge werden ja nicht wie Flüchtlinge behandelt, sondern im Grunde wie Binnen-Europäer. Das war sicher richtig zu Beginn des Ukraine-Konfliktes. Aber ich glaube, inzwischen ist es nicht mehr richtig. Man sollte dies ändern. Denn das führt natürlich dazu, dass Deutschland in besonderem Maße zum Anziehungspunkt für Flüchtlinge wird. Und wir sollten zu einer - gerechteren Verteilung der Flüchtlinge kommen. Ländern wie der Schweiz sollten wir sehr deutlich machen, dass es nicht geht, Flüchtlinge, die in der Schweiz landen, einfach nach Deutschland weiterzuschicken.

Derzeit ist Krise. Macht Ihnen da Politik noch Spaß?

Rülke: Politik macht nicht immer Spaß, das ist auch nicht die Aufgabe eines Berufspolitikers. Sondern Politik muss begriffen werden als eine Herausforderung, bei der man das Notwendige tut. Und insofern ist es so, dass ich in der Politik ein hohes Maß an Zufriedenheit nach wie vor empfinde.