Die Firmengründer Ramachandran von Frenvi, Abhi und Phani Gopala, haben es sich auf die Fahnen geschrieben, mit essbarem Besteck unnötigem Plastikmüll den Kampf anzusagen. „Unser Konzept ist, dass man das Besteck erst zum Essen nimmt und danach aufisst“, erklärt Stefan Beyerle, Leiter von Marketing und Sales. ,,Das ist ein bisschen so wie die Waffel beim Eis. Oder der Keks, den man zum Kaffee dazubekommt. Da bleibt eben nichts übrig." Es gibt auch Gastronomiebetriebe, die auf Holz umgestellt haben. Beyerle findet das allerdings nicht ideal. Da esse man ein schönes Eis und habe dann den Geschmack nach Holz im Mund. ,,Papierlöffel, die ebenfalls manchmal angeboten werden, sind aufgrund der Beschichtung ebenfalls nicht umweltfreundlich." Stattdessen hat sich Frenvi für ,,Zero Waste" entschieden.

Die Gründer sind von Haus aus Maschinenbauingenieure. Sie stammen beide aus dem indischen Bangalore, lernten sich aber erst in Deutschland im Studium kennen. „Im Rahmen ihres Studiums belegten sie einen Entrepreneurship-Kurs und mussten dort eine Geschäftsidee entwickeln", erzählt Beyerle. Sie kümmerten sich um das Thema ,,Essbares Besteck". ,,Da war schon angekündigt, dass Einwegkunststoff in der Gastronomie verboten wird", erinnert sich der Marketingund Sales-Leiter. Im Sommer 2021 wurde das Verbot dann umgesetzt. „Bis dahin", so Beyerle, „wollten wir eine Lösung haben." Jahre davor hatte sich schon mal jemand an der Umsetzung versucht. „Er war mit dem Konzept sehr erfolgreich, hatte aber keine Technologie, um es zu skalieren und zu produzieren.“ Ramachandran und Gopala beschlossen, sich zunächst nur um die Technologie zu kümmern und entwickelten in Indien ein eigenes Produktionsverfahren, wo die erste Version der Maschine steht. Sie entwickelten die Idee, Besteck aus Keksteig herzustellen, das man nach der Mahlzeit verzehren kann. So entstand der Produktname EATlery, ein Kofferwort aus Essen (eat) und Besteck (cutlery). Ende 2019 gründen sie die Firma ,,Frenvi". ,,Das steht für ,,friendly environment", also freundliche Umgebung, erklärt Beyerle.

Auch wenn die Idee simpel erscheint: Das Besteck muss einige Voraussetzungen erfüllen, um in den Einsatz zu kommen. So darf sich etwa das Essstäbchen, das zum Rühren von Kaffee genutzt wird, nicht in dem Heißgetränk auflösen. Es ist ein fortgeschrittener Keksteig", verrät Beyerle. ,,Die Schwierigkeit ist, dass man es beim Backen hinbekommt wie einen Keks, der aber trotzdem stabil ist". ,,Die Backindustrie produziert normalerweise eher lockere, fluffige Teige", sagt Beyerle. Dort sei man es nicht gewöhnt, die Kekse komprimiert und stabiler zu machen. ,,Damit sich der Keks nicht im Kaffee aufweicht, muss die Oberfläche geschlossen sein", erklärt er. Gäbe es etwa einen kleinen Bruch in der obersten Schicht, würde Flüssigkeit eindringen und das Besteck aufweichen. „Auf der anderen Seite muss es aber gut essbar sein." Man könnte ihn also so fest machen, dass er sehr hart ist, aber dann könnte man ihn nicht mehr essen." Lässt man das Rührstäbchen eine Weile im Kaffee, wird es laut Beyerle etwas weicher. Laut Verpackung bleibt das Stäbchen bis zu 30 Minuten stabil. Bei einer Suppe muss der Löffel etwa zehn Minuten halten. Die Kekse sind vegan, können aber, wenn gewünscht, auch glutenfrei produziert werden. ,,Den Löffel könnte man für Take-awayEssen nehmen", sagt er. Etwa für Suppen oder Curry. Es gibt zudem eine Mischung aus Löffel und Gabel, die für Salate oder Dönerboxen geeignet ist. Man spart sich auf diese Weise zudem den Abwasch-was auch Wasser einspart. Restaurants mit Lieferservice können sich damit auch den Rücklauf von Besteck ersparen. „Mehrwegsysteme funktionieren da nicht so gut."

Butterkecks ist Mainstream-Geschmack und funktioniert immer

Da das Besteck bio-basiert ist, könnte man den Löffel auch einfach wegwerfen, da er zerfallen würde. „Das wäre aber natürlich schade." Denn auch um das Thema Geschmack haben sich Ramachandran und Gopala Gedanken gemacht. Die Löffel gibt es daher, je nach Einsatzgebiet, in süßer und salziger Variante. ,,Wir können verschiedene Geschmäcker kreieren“, erklärt Stefan Beyerle. Doch da in großen Mengen produziert wird, müsse der Geschmack dem Mainstream, also der Masse, entsprechen. Entschieden haben sich die Frenvi-Gründer für Butterkeks, da dieser jedem schmecke. Süß wird der Teig unter anderem durch den Zusatz von Karamellzuckersirup. ,,Beim Kaffee funktioniert das ganz gut, beim Eislöffel nicht, weil das Eis schon so süß ist, sagt Beyerel. ,,Wir haben uns überlegt, mehr Zucker zuzuführen." Doch eigentlich wolle man das gar nicht. Einfacher ist die Geschmacksnote beim Pikser. „Wir haben ihn mit Ketchup-Geschmack für Pommes entwickelt", erzählt Beyerle.

Mit dem 3-D-System könnte Frenvi auch Teller und Tassen aus Keksteig produzieren. Aber diese würde keiner im Nachgang essen, da die Menge zu groß wäre, gibt Beyerle zu bedenken. In diesem Bereich wolle man lieber auf kompostierbare Reststoffe wie etwa Weizenkleie setzen. In Form eines klimapositiven Pflanzentopfes, der komplett aus Teetrieben besteht, haben man die Idee für Gartenbaubetriebe schon weiterentwickelt, verrät Beyerle.

Frenviarbeitet bereits mit verschiedenen Gastronomie-Ketten zusammen. Im kommenden Jahr werden die Produkte auch in Vollsortimenten für Endverbraucher erhältlich sein. Zudem hat das Start-up an der Schwelle zum fertigen Unternehmen bereits verschiedene Anfragen von Firmen bekommen. ,,Grundsätzlich wäre das essbare Besteck auch für Schulen, Kitas und Kantinen geeignet", sagt Beyer.

Ende 2023 soll zusätzlich zum indischen Standort auch in Mannheim produziert werden. Das derzeit 20-köpfige Team soll um 20 weitere Angestellte erweitert werden - in den Bereichen Produktion, Administration und Forschung. Der Standort in Bangalore soll aber bleiben. Dort zahlen die beiden 31jährigen Geschäftsführer den Angestellten nicht nur faire Löhne, sondern haben auch ein Projekt mit der deutschen Entwicklungsgesellschaft am Laufen. ,,Bis Ende 2024 sollen 2500 Menschen durch die Arbeit als Farmer für das Unternehmen oder als fester Frenvi-Mitarbeiter leben können", prophezeit Beyerle. „Es werden etwa 600 Kinder davon profitieren, die dadurch zur Schule gehen können, weil ihre Eltern die Kosten dafür dann bezahlen können." TANJA CAPUANA-PARISI