In mannigfaltigen Technologie-Thrillern à la ,,I, Robot" verwandelt sich der Reiz einer technologisierten Zukunft in ein Schreckensszenario. Anfangs für den Nutzen der Menschheit konzipiert, wenden sich immer intelligentere Maschinen bald schon gegen ihre Erschaffer - und wollen schlussendlich gar selbst die Kontrolle übernehmen. Zwar befinden sich derzeit immer mehr, auch öffentliche, Prozesse auf dem Weg einer digitalen Zukunft. Der Gefahr eines Kontrollverlusts wollen die Innovatoren aber durch klare Grenzen in der Konzeption entgegentreten.

Wie etwa beim Unternehmen Smart City Mannheim. Erst vor gut einem Jahr als Joint Venture zwischen der Stadt und dem Energieunternehmen MVV gegründet, ist das klar artikulierte Ziel vor allem eines: organisatorischen Austausch im öffentlichen Leben zu ermöglichen, wo er bislang überhaupt nicht stattfand. Unter 73 anderen Kommunen war die Stadt Mannheim mit ihrer Bewerbung um Bundesmittel für ihr Projekt erfolgreich, konnte sich eine Startförderung von 15 Millionen Euro sichern - und hat mit den entsprechenden Geldern große Pläne. „Wir sind davon überzeugt, dass eine vernetzte Stadt die Chance hat, deutlich effizienter zu handeln“, wie es Robert Thomann in Worte fasst, der die Smart City GmbH als Geschäftsführer leitet.

Um die strategischen Zielsetzungen seines Unternehmens zu untermauern, kann Thomann im Gespräch ganz konkrete Beispiele benennen - wie etwa beim Thema Energieeffizienz. Auf 25 kommunalen Liegenschaften, vom Wohngebäude bis zur Kita, hat die Stadt etwa in den zurückliegenden Monaten und Jahren Photovoltaik-Anlagen installieren lassen. Um den dadurch erzeugten Strom möglichst zielgerichtet einsatzfähig zu machen, wird die durch Sonnenenergie erzielte Strommenge täglich mehrfach gemessen, um dann wahlweise direkt in den Gebäuden genutzt, oder ins lokale Netz eingespeist zu werden. Ein Ansatz, der auf dem Dach der runderneuerten U-Halle durch die Installation einer weiteren riesigen Anlage mit einer Nennleistung von einem Megawatt schon in unmittelbarer Zukunft weiter vorangetrieben werden soll.

Für solche und ähnliche Prozesse verantwortlich ist eine breitflächig nutzbare Datenplattform, die mit großem Aufwand und nach neuestem Stand der Technik eigens von Experten des Unternehmens erstellt wurde. Einerseits, um auf eine sichere, weil unabhängige technische Infrastruktur zugreifen zu können, die proaktiv gegen Angriffe von außen geschützt ist. Andererseits, um den vielschichtigen Ansprüchen der eigenen Leitlinien gerecht zu werden. Denn die Handlungsfelder innerhalb einer Smart City reichen so weit wie ihre Infrastruktur selbst. Im Gespräch mit dieser Redaktion berichtet Geschäftsführer Thomann etwa von Vorhaben wie der Verkehrsflussoptimierung oder der geplanten Erhebung von Besucherzahlen bei der Buga 2023, nennt aber auch deutlich drängendere Projekte. Um etwa Maßnahmen treffen zu können, der sommerlichen Hitze in der Mannheimer Innenstadt wirkungsvoll zu begegnen, habe man 380 mobile Klimasensoren in sämtlichen Teilen der Stadt angebracht, die Informationen über Temperaturen und Luftfeuchtigkeit übermitteln und aus mehreren Mikroklima-Datensätzen ein diversifiziertes Netz entstehen lassen. Erst durch die Auswertung und Aufbereitung dieser Daten, so Thomann, könnten im Nachgang zielgerichtete Handlungskonzepte entwickelt und verfeinert werden.

Durch die Evidenz der selbst generierten Informationen könnten im besten Fall bedeutende Entscheidungen - von der Stadtplanung bis hin zur Dekarbonisierung - erheblich effizienter gestaltet werden. ,,Data driven decision" (datengetriebene Entscheidung) nennen das die Fachleute, effizientes Handeln durch maximales Fachwissen wäre die pragmatische Umschreibung. Das Stichwort für das Team von Smart City Mannheim heißt in dieser Hinsicht: Datensouveränität. „Denn je unabhängiger wir durch eigenes Wissen von anderen Studien oder Experten sind, desto leichter können wir heute und auch in Zukunft helfen, unser Zusammenleben für die ganze Stadtbevölkerung sichtbar zum Besseren zu gestalten", wie Thomann die Philosophie für die kommenden Jahre der Entwicklung umreißt.

Dass sich der Ansatz der Smart City auch eine Ebene darunter - auf dem Feld der Smart Buildings - niederschlägt, belegen jüngste Projekte wie die von Siemens, auch am Standort Mannheim. Neben dem eigenen smarten Firmensitz, der 2024 in der Quadratestadt bezogen werden soll, hat der Technologie-Großkonzern etwa in Frankfurt am Main ein Vorzeigeprojekt realisiert, das bisher seinesgleichen sucht. Unter dem Dach der Deka Immobilien, wurde das sogenannte Atrium Plaza durch kleinteilige Planungsmechanismen und technisch neuartige Umbauten zu einem mehr als 25 000 Quadratmeter umfassenden Smart Building, das über ein intelligentes Gebäudemanagementsystem komplett cloudgesteuert verwaltbar ist - von der Effizienzmessung der Stromverteilung bis zum Brandschutz, von Sicherheitsfragen bis hin zur Steuerung der Klimaanlage.

Selbstverständlich sind sich auch die Entscheider bei Siemens darüber im Klaren, dass nicht für jeden Kunden High-End-Lösungen wie die des Atrium Plaza umsetzbar sind - und haben deshalb eine Stufen-Skala vom traditionellen Gebäude über modernisierte, verbundene, transformierte, angereicherte und autonome bis hin zu komplett smarten Gebäuden erstellt, innerhalb der interessierten Unternehmen individuelle Digitalisierungsschritte angeboten werden können.

,,Gebäude effizienter zu gestalten, wird uns bald schon alle angehen“, wie Alexandra Wellhäußler aus der Mannheimer Siemens-Niederlassungsleitung klarstellt, aber gleichzeitig zur Beruhigung sagen will: ,,Wichtig ist für uns dabei, potenziellen Kunden aufzuzeigen, dass sie - wo immer sie mit ihren Gebäuden gerade stehen - immer und ganz nach ihren Möglichkeiten beginnen können, Prozesse zu verbessern. Die Zeit dafür war nie besser als jetzt." MARKUS MERTENS