Schnee und Eis - im 18. Jahrhundert ist das noch viel häufiger als heute. Am Hof des Kurfürsten Carl Philipp, der 1720 den Grundstein für das Mannheimer Schloss legte und hier bis zu seinem Tod 1742 regierte, sowie seines bis 1778 in Mannheim residierenden Nachfolgers Carl Theodor konnte das der Anlass für eine Fahrt mit einem prächtigen Schlitten sein. Sie sind reich geschnitzt und werden von prächtig geschmückten Pferden gezogen. Gemälde davon gibt es kaum, Fotos ohnehin nicht - aber eine kostbare Porzellangruppe aus Frankenthaler Porzellan, zu sehen im Mannheimer Schlossmuseum, zeigt eine solche Schlittenfahrt der Hofgesellschaft. Sie ist ein mit viel Liebe zum Detail hergestelltes „Meisterwerk der Skulptur des 18. Jahrhunderts“ und zugleich ,,ein Zeugnis einer höfischen Festlaune", so Uta Coburger, verantwortliche Konservatorin für die Schlösser Mannheim und Heidelberg bei den Staatlichen Schlössern und Gärten.

Welch eine herrliche Vorstellung, in einem prächtigen Schlitten durch die weiße Winterlandschaft zu gleiten! Solche Schlittenfahrten waren für die Hofgesellschaft des Barock Festanlässe, auch am Hof der pfälzischen Kurfürsten in Mannheim. Strecken gab es ja genug - am Rhein entlang, auf den breiten Wegen im Käfertaler Wald, dem beliebten Jagdrevier der Kurfürsten, oder auf der Strecke nach Schwetzingen, auf der sonst die Kutschen zur Sommerresidenz fuhren.

Die Hofhandwerker schufen dafür kostbare Gefährte, die mit Schnitzereien verziert, bemalt und aufwendig gepolstert wurden, gezogen von passend geschmückten Pferden. Das ergibt sich aus Rechnungen und anderen Unterlagen des Hofs, die sich trotz des Umzugs 1778 nach München, wo Carl Theodor das bayerische Erbe der Wittelsbacher antreten musste, erhalten haben.

Die Dame saß bei der winterlichen Ausfahrt auf dem Schlitten, hinter ihr stand der Kavalier, also ein höherer Hofangestellter, und hielt die Zügel in der Hand - ein Vergnügen, das, wie so oft im 18. Jahrhundert, ein bisschen zwischen derbem Spaß in der Winterkälte und galant-erotischem Unterton schwankt.

Wichtige Tafelzier

Schlittengruppe, Die die heute in Schloss Mannheim zu sehen ist, gehörte einst zur Ausstattung des kurfürstlichen Hofes: Sie ist im Inventar von Schloss Mannheim aus dem Jahr 1763 erwähnt. Aufbewahrt wurde sie einst in der Hofkonditorei - und das zeigt auch ihre Verwendung: Man dekorierte mit solchen Stücken die Tafel des Regenten. Schließlich soll im Barock die fürstliche Tafel stets ein Gesamtkunstwerk sein - aus Kochkunst, effektvoll nach festen Regeln präsentiert als wichtiger Teil höfischer Repräsentation von Macht und Reichtum. Genau vorgezeichnete Pläne signalisieren den Bediensteten, wo welche Schale, welche Terrine zu platzieren und wie zu dekorieren ist. Schließlich sind Servietten eine wichtige Tafelzier.

Dass zur Dekoration des Hofes die besten Künstler herangezogen wurden, sieht man auch an der Schlittengruppe aus der Manufaktur Frankenthal. 1755 zur Zeit von Kurfürst Carl Theodor gegründet, wurde die wichtige Manufaktur bereits im Jahr 1800 wieder aufgelöst. Was in diesen wenigen Jahrzehnten in Frankenthal entstand, gehört zum Bedeutendsten der europäischen Porzellankunst.

Die Schlittengruppe hat wohl der führende Modellmeister Johann Friedrich Lück (1727-1797) entworfen. Die eleganten Figuren in Porzellan aus der Frankenthaler Manufaktur gehören, so Coburger, „zu den herausragenden plastischen Arbeiten des 18. Jahrhunderts" - meisterhafte Skulpturen in einem miniaturhaften Format. Sie sind durchgearbeitet bis ins Detail: Ein Mann mit Dreispitz, gehüllt in einen grünen Samtmantel mit Pelzfütterung, der ein bisschen an den „Jäger aus Kurpfalz" erinnert, steht hinten auf den Kufen eines Schlittens. Er hält die Zügel in seinen eleganten Händen, die zu einem prunkvoll geschmückten Schimmel führen. Im Schlitten selbst sitzt eine Dame, die ihre Hände in einem Muff aus Hermelin wärmt.

Die Schlittengruppe aus der kurfürstlichen Porzellanmanufaktur Frankenthal ist in Schloss Mannheim zu bewundern - ein Kleinod unter vielen anderen Kostbarkeiten aus der Geschichte des Schlosses. Das Schlossmuseum ist, trotz Baustelle auf dem Ehrenhof, dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Peter W. Ragge