Dass Siemens 1880 den ersten elektrischen Aufzug in Mannheim auf der Pfalzgauausstellung präsentierte – damit ging es im November 2016 los. Der Konzern stiftete als Erinnerung daran die erste Bronze-Gedenktafel für die „Kurpfälzer Meile der Innovationen“, die seither vor dem Schloss entlang der Bismarckstraße entsteht. 26 sind inzwischen verlegt worden, mit denen Erfindungen und Erfinder aus Technik wie Kultur und Gesellschaft gewürdigt werden.Es ist eine private Initiative und ein Trägerverein, der dieses Projekt vorantreibt. Die ersten Ideen dafür gibt es schon seit mehr als 30 Jahren. Es ist der frühere Lehrer und ehemalige CDU-Stadtrat Paul Buchert, der unverdrossen eine bessere Würdigung der Stadt für ihre Erfinder anmahnt. Er tippt mit Schreibmaschine lange Listen, welche Entwicklungen in der Quadratestadt oder der Region ihren Ursprung haben. Per Fax schickt er sie immer wieder an Politiker und Chefs von Unternehmen. Er habe „mit einer nimmermüden Kondition, wie sie nur Lehrer haben können, dieses Projekt gegen alle Widerstände vorangetrieben“ und sei „der lebendige Beweis, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben“, so Kulturbürgermeister Michael Grötsch. Schließlich gibt es in Mannheim lange nur das von 1933 stammende, 2008 um ein Bronzemodell des ersten Autos ergänzte Benz-Denkmal sowie das 2003 auf der Rheinau enthüllte Drais-Denkmal. Ein Standbild von Heinrich Lanz steht, für die Öffentlichkeit unzugänglich, auf dem Gelände von John Deere – mehr nicht. Zwar existieren unzählige Skulpturen, erinnern in Mannheim zahlreiche Denkmäler an Schlachten und Herrscher – aber friedliche Errungenschaften werden kaum gewürdigt.Der Weg zur „Kurpfälzer Meile der Innovationen“ ist aber weit. Zunächst scheitert 2008 die Idee eines modernen, interaktiven „Innovatorenportals“ vor dem Hauptbahnhof. Dann entwickelt sich die Idee zu dem, so Roswitha Henz-Best, „Mannheimer Walk of Fame“, wie sie unter Anspielung auf Los Angeles sagt, wo im Boden verlegte Sterne aus altrosafarbenem Terrazzo großen Stars gewidmet werden. Henz-Best, ehemalige Stadträtin, ist die zweite Vorsitzende des Vereins, die jeweils das Leben und Werk der zu ehrenden Personen oder Institution umfangreich aufarbeitet und bei der festlichen Verleihung referiert. „Die Meile soll das Wir Gefühl fördern und die Bereitschaft steigern, sich mit der Geschichte unserer Region und ihrer wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Vielfalt zu identifizieren“, so Fritz-Jochen Weber, Vorstand der Job-Router AG und Vorsitzender des Vereins. „Durch den Blick auf berühmte Vorbilder kann sie den Leistungswillen vor allem junger Menschen sowie die Innovations- und Zukunftsfähigkeit der Metropolregion stärken.“Und doch dauert es nach der Idee noch einige Jahre, bis die erste Platte verlegt wird. 2016 werden, als die Bismarckstraße ohnehin umgebaut wird, zumindest die Fundamente gelegt. Mit der Stadt einigt sich der Verein, auf bis zu 42 im Boden verlegten Bronzeplatten mit den Maßen 42 auf 42 Zentimeter an wichtige Erfindungen und Erfinder aus der Region zu erinnern. Darüber wird ein Vertrag geschlossen. Der Entwurf für die Gestaltung der Platten geht auf Fritz-Jochen Weber zurück. Da hier aber nur wenige Informationen und ein Bild Platz finden, gibt es einen QR-Code, über den weiterführende Angaben auf einer Internetseite aufrufbar sind. Zudem ist auf den Tafeln ein Verweis auf die Metropolregion Rhein-Neckar sowie Platz für Name oder Logo von einem Sponsor. Schließlich kostet eine Platte mit Verlegung und Versicherung 5500 Euro. Und die Gewinnung von Sponsoren erweist sich als nicht so einfach – weshalb die Realisierung der „Kurpfälzer Meile der Innovationen“ sich auch hinzieht.Zunächst dauert es auch, bis geklärt wird, wer überhaupt gewürdigt werden darf. Paul Bucherts Liste ist seit den 1990er Jahren auf 27 Seiten mit 150 Namen angewachsen. Schnell wird klar: Das ist zu viel. In Gesprächen mit dem Stadtarchiv werden zunächst 36 Innovationen definiert – und bewusst Platz gelassen für künftige Entwicklungen. Es dauert bis Mai 2017, bis die erste Platte tatsächlich verlegt wird. Sie ist dem Erfinder des Laufrads, Karl Friedrich Drais, gewidmet. Bewusst soll die Meile aber nicht allein technische Entwicklungen ehren. Ebenso sind Platten für die „Mannheimer Schule“ in der Klassischen Musik, für Friedrich Schiller, für die aus der Region stammenden Nobelpreisträger in Medizin auf der Liste. Gerade hat der Verein den Mannheimer Botaniker Karl Friedrich Schimper geehrt, auf den der Begriff „Eiszeit“ zurückgeht.Bei dessen Ehrung gestand Edgar Erdfelder, dass er manchmal an diesen Platten einfach vorbeieile. „Aber dann sind sie doch ein Gravitationspunkt, der einen unweigerlich anzieht“, so der Prorektor der Universität Mannheim. „Es ist faszinierend zu sehen, welche Vielfalt an ganz unterschiedlichen kreativen Ideen ihren Ursprung in der Kurpfalz hat“, so der Psychologieprofessor. Wenn an Pioniergeist und wissenschaftlichen Mut direkt vor den Toren der Universität erinnert werde, könne dies gerade für Studenten ein „stetiger Motivator“ sein, begrüßte er die Idee der Meile. PETER W. RAGGE