Manchmal verändert eine Reise das gesamte Leben. Nach der Hochschulreife im Jahr 2009 weiß Phillip Klein zunächst nicht, was er studieren soll. Der heute 32-Jährige beschließt, sich als Softwareentwickler selbstständig zu machen. Als Freiberufler baut er Webseiten, gestaltet CDs und T-Shirts für Bands. Er verdient damit Geld und kann nach der Schule die Welt erkunden. „Deswegen bin ich gleich nach dem Abitur nach Kanada und dann per Anhalter durch ganz Nordamerika gereist.“ Der Mannheimer wird zum digitalen Nomaden, arbeitet unterwegs mit seinem portablen Rechner. Als Ausgleich genießt es Klein, in den kanadischen Wäldern zu wandern. Immer dabei: Ein Trockenfleisch-Snack namens Beef Jerky. Von Nordamerika aus zieht es ihn weiter nach Australien und Neuseeland, wo er einen Van kauft, ihn umbaut und darin wohnt. Als er zwei Jahre nach seiner Abreise wieder nach Deutschland zurückkehrt, um dort Informatik zu studieren, vermisst er schnell „sein“ Beef Jerky – der hohe Zuckergehalt der in Deutschland erhältlichen Varianten verhagelt ihm zunächst den Genuss.Klein entwickelt daher ein Rezept aus regionalem Fleisch, das weder Zucker, noch Konservierungsmittel oder Geschmacksverstärker enthält. Zum Konservieren nutzt pfiffige Jungunternehmer die starke Trocknung und Salz. Bald schon steht er jeden Samstag bei einem Odenwälder Metzger im Laden und produziert den Snack aus eigenen Mitteln. Der junge Mann richtet einen Onlineshop ein und bewirbt seine Produkte auch bei Instagram. Schon bald kommt der erste Supermarkt auf ihn zu und möchte bei ihm bestellen. Der gebürtige Odenwälder lehnt ab, da er zu diesem Zeitpunkt die gewünschten Mengen nicht liefern kann. Sein Kumpel Julius Michel kündigt schließlich seinen Job, um mit Klein zusammen 2016 das Unternehmen Grizzly Foods zu gründen. Der Name spielt darauf an, dass Klein bei seinen Wanderungen Grizzly Bären gesehen hat. Eine Metzgerei in der Nähe von Stuttgart produziert den Snack nach seiner Rezeptur. „Mittlerweile sind wir zehn Leute an zwei Standorten und tausende Supermärkte sowie Alnatura bieten Beef Jerky an.“ Mit seiner australischen Frau wohnt Phillip Klein in Mannheim. „Wir lebten für eine Weile in Australien und Neuseeland, aber Kirbanu wollte immer nach Europa.“ Klein sieht die Quadratestadt als idealen Standort für sein Business. Als Universitätsstadt sei Mannheim perfekt, um talentierte und engagierte Mitarbeiter zu finden. „Hier geht was ab und entwickelt sich.“Dennoch sieht Klein keinen Widerspruch dahin, ein halbes Jahr fernab von Deutschland zu leben. Vor Corona verbrachten die Kleins den deutschen Winter unter Australiens Sonne. Kürzlich verlegte er sein Homeoffice für einen Monat nach Athen. Auch seine Mitarbeiter arbeiten häufig aus der ganzen Welt. „Ich reise immer noch sehr gerne und versuche es mittlerweile mit einem guten Zweck zu verbinden. Meine letzte große Reise war in die Mongolei mit einem Fiat Panda.“ Dabei sammelten er und Freunde Spenden für ein mongolisches Waisenhaus. Sein soziales Engagement drückt er auch mit dem Projekt Grizzly Cares aus, das sozialen Projekten und Organisationen zugutekommt.Inzwischen haben Klein und Michel das Sortiment erweitert. Es gibt Kraftbrühe im Glas, Kaffee und Gewürze. Bald folgen Suppen und Eintöpfe. Das seien „clean“ und vor allem echte Lebensmittel. „Wir wollen zukünftig nur noch Bio-Lebensmittel ohne Zusätze herstellen“, sagt er. „Wir arbeiten unter anderem an einem einzigartigen veganen Jerky aus Erbseneinweiß“, verrät er. „Jerky war der Vorreiter für uns. Das hat uns ermöglicht, andere Sortimente aufzubauen, und Leute einzustellen“, sagt Klein. „Aber die Zukunft sieht diverser aus als nur Jerky. Wir wollen Teil der Lösung sein und nicht das Problem.“ TATJANA CAPUANA-PARISI