Toilettenpapier und Küchenrollen aus Stroh? Gibt’s nicht? Doch, seit Neuestem schon. Und das sogar mit dem Qualitätsstempel „Made in Mannheim“! Denn jetzt kann Essity als erstes Unternehmen in Europa überhaupt industriell Zellstoff aus Stroh für Hygieneprodukte herstellen. Der Essity-Vorstandsvorsitzende Magnus Groth hat am 30. September im Beisein von Michael Grötsch (CDU), Mannheims Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur, den Startschuss für die neue Fabrik am EssityTraditionsstandort Mannheim gegeben, die 35 000 Tonnen jährlich produzieren wird. 40 Millionen Euro hat Essity in die Anlage investiert, die in rund 18 Monaten Bauzeit auf dem Werksgelände entstanden ist. Mit ihr setzt Essity neue Maßstäbe in der Hygienepapier-Produktion.Revolutionär: Damit ist Essity der erste Hygieneprodukte-Hersteller in Europa, der einen landwirtschaftlichen Reststoff in der industriellen Produktion nutzbar macht und in den Materialkreislauf zurückführt. Das Unternehmen verwendet Weizenstroh aus der heimischen Landwirtschaft, um daraus hochwertigen Zellstoff für die Hygienepapierproduktion zu fertigen. Gut für die Umwelt: Dabei werden im Produktionsprozess weniger Wasser und Energie eingesetzt. In Mannheim ist dafür eine bislang einzigartige Anlage entstanden. Der neuartige Zellstoff ist in der Qualität mit Frischfaserzellstoff aus Holz vergleichbar und soll laut Essity „genauso weich, reißfest und saugstark wie herkömmlicher Zellstoff aus Holzfasern“ sein. Der Stroh-Zellstoff wird zu hochwertigen Hygieneprodukten der Marken Zewa, Zewa Wisch&Weg sowie Tork verarbeitet.

Essity Mannheim: Stroh fürs Klo-2

„Heute ist ein großer Tag für Essity. Die Nutzung alternativer Fasern für die Produktion von hochwertigen Hygienepapieren ist ein Riesenschritt auf unserem Weg in eine nachhaltige Kreislaufgesellschaft, in der nichts vergeudet wird“, so Essity-Chef Groth beim Produktionsstart. „Ich bin sehr stolz, dass ich diese einzigartige Industrieanlage in Mannheim eröffnen darf. Mein Dank gilt allen beteiligten Mitarbeitenden für ihren Einsatz, für ihr Engagement und für ihren Mut, sie zu erschaffen.“

Dabei hat man in Mannheim, mit rund 2000 Beschäftigten Essitys größter europäischer Produktionsstandort, bereits eine langjährige Erfahrung in der Produktion von Zellstoff und Hygieneprodukten. 1884 als Zellstofffabrik Waldhof gegründet werden hier heute schon 220 000 Tonnen Zellstoff aus zertifizierten Frischholzfasern hergestellt und zu Hygienepapieren verarbeitet. Jetzt kommen zusätzlich 35 000 Tonnen Strohzellstoff dazu. „Das neue ‚Werk im Werk’ stärkt den Traditionsstandort Mannheim und zeigt gleichzeitig unsere Innovationskraft“, sagt Roger Schilling, Leiter des Mannheimer Werkes. „Unser langjähriges Know-how in der Zellstoffproduktion hat es uns ermöglicht, ein komplett neues Kapitel aufzuschlagen: Wir sind als erstes dazu in der Lage, einen alternativen Zellstoff aus Stroh herzustellen. Dieser Zellstoff ist genauso weich, weiß und stark wie der Zellstoff aus reinen Holzfasern, den wir für unsere Hygieneprodukte verarbeiten. Darauf sind wir in Mannheim sehr stolz.“ Die neue Strohzellstoff-Fabrik erstreckt sich auf einer Fläche von insgesamt 8.000 Quadratmetern über mehrere Gebäude: Vom Strohlagerplatz aus, der sich unmittelbar daneben befindet, wird das Stroh über ein großes Förderband zunächst in den sogenannten Bleichturm transportiert. Hier wird das Stroh in verschiedenen Reaktion behältern in seine Bestandteile aufgeschlossen und aufgehellt. Anschließend wird der Zellstoff erst in einem historischen Gebäude, das für diesen Zweck mit viel Kreativität umfunktioniert wurde, gereinigt und dann im sogenannten Zellstoffturm gesammelt. Der fertige Zellstoff wird vom Zellstoffturm aus in flüssiger Form über bis zu einen Kilometer lange Zufuhrleitungen direkt zu den Papiermaschinen gepumpt. Die Ablauge, das sogenannte Lignin, das als Nebenprodukt während der Zellstoff-Produktion anfällt, wird in einer neuen Eindampfanlage konzentriert. Es kann später industriell weiterverwertet werden. PETER KIEFER