Hier der ausländerfeindliche Syrer, da der vegane Jäger, dort Achim, Jürgen und Rolf, wie immer zu viert im Sixpack, all inclusive. Alles scheint wie immer, und bleibt genauso anders. Die Zeiten ändern sich, Rolf Miller bleibt – trocken wie eh und je, in seiner unnachahmlichen Selbstgefälligkeit. „Me, myself and I“ – wo ist das Problem, ich bin mir genug – aber damit reicht es jetzt endlich noch lange nicht: „Obacht Miller“ – das neue Programm von Rolf Miller. Das Halbsatz-Phänomen zeigt seinem Publikum erneut, dass es nicht alles glauben darf, was es denkt .... Wer sich davon überzeugen möchte, kann das am Donnerstag, 2. Dezember, im Mannheimer Capitol tun. Dann präsentiert der 54-Jährige sein aktuelles Programm.
Wer Rolf Millers Weisheiten nicht nur hören, sondern auch lesen möchte, hat nun ebenfalls die Möglichkeit dazu. Ende September erschien sein Buch „Gesicherte Ahnungen“. Wenn er darin gesicherten Ahnungen mit seinen abgrundtiefen blassen Schimmern begegnet, entsteht ein explosives Gemisch, das den Leser kopfschüttelnd, aber lachend zurücklässt. Man könnte sagen: „Kant meets Proll“, aber das wäre zu kurz gegriffen.
Lange Jahre sammelte der Autor für dieses Buch bekannte und unbekannte Zitate, die von seiner fiktiven Bühnenfigur derart hanebüchen kommentiert werden, dass man Miller besser kennenlernen kann. Denn wer verbindet schon Sloterdijk, Churchill, Beuys, Hendrix, Ali, Lagerfeld oder Zlatan Ibrahimovic mit diesem bisher nur derb auftretenden Miller? „Es genügt nicht, sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken“ – so gab Karl Kraus die Anleitung zu Millers Bühnenschaffen. Auch in diesem Buch findet sich genau dieser unfreiwillige Humor, nur wird diesmal verraten, woher die Inspiration kommt. „Er weiß nicht, was er sagt, aber er meint es genau so“, sagte einmal Ottfried Fischer über Rolf Miller. Gesicherte Ahnungen. Mehr sind Zitate nicht. Respektlos schießt Miller zurück, im Auge der Ignoranz.
Aktuell befindet sich Rolf Miller auf Tour und präsentiert sein Programm „Obacht Miller“. Dennoch hat er sich Zeit genommen und hat sich so seine Gedanken gemacht:
Rolf Miller über seine Lese-Favoriten und sein Buch



Wie viele Bücher liest man wirklich zu Ende? Na? Sind wir ausnahmsweise mal ehrlich. Nicht mal 30 Prozent, oder? Okay, ich geh halt von mir aus. Wenn mich was langweilt: sofort weg damit. Nur wenn mich dann doch mal eines fesselt, lese ich’s mehrfach. Zwei davon der jüngeren Zeit sind einmal „Panikherz“ und „die Zweisamkeit der Einzelgänger“. Stuckrad-Barre und Meyerhoff. Ich nehme die beiden hier jetzt auch deshalb, weil sie meine Generation sind, aber auch, weil sie wissen, was es heißt, eine Bühne zu betreten. Die Jungs könnten nicht verschiedener sein, aber wer sie liest, schmeißt sich weg und staunt gleichermaßen. Meyerhoff erzählt mit keinem Wort zu viel, was er erlebt hat; lebt dabei – scheinbar – voll vom Inhalt. Es ist an Tragikomik nicht zu überbieten wie er das grandiose Scheitern seiner gesamten Twen-Zeit in allen Bereichen beschreibt: Studieren, Frauen, Arbeiten. Der Leser muss selber entscheiden, ob er Stuckrad-Barres Panikherz literarisch höher einstufen will, denn er lebt eher von der Form, zunächst… Grandios, wie er Worte kombinieren kann. Wieder ist alles tragikomisch, wieder gehts um Lieben, Leben Arbeiten, wenn auch eher als Negation. Bei beiden gilt eins: Alles ist Bigger than Life: aber das erstaunliche: Die haben das so erlebt! Hm, wie machen die das? The grass is always bigger on the other side? Eben nicht! Der Trick, der keiner ist, liegt in der Zusammenfassung: mal ein Leben eben schnell in nem Buch, dann groovts und flowt es plötzlich - aber halt eben, nur wenn man so komprimiert formulieren kann. Chapeau, großes Tennis, Federer vs Mc Enroe!
Mein Büchlein dagegen beschreibt etwas anderes: Drama. Fallhöhe. Bühne. Also direkte Rede. Es ist ausschließlich gesprochenes Wort, keine Prosa. Es ist eine Werkschau, wie ich meine Bühnenprogramme erfinde. Ich lasse meine Figur an den großen Themen scheitern, was auch zu hanebüchenem Ergebnis führt, indem ich direkt zu einem Oneliner einer berühmten Person – oder auch weniger berühmt; ich habe jahrelang gesammelt – die direkte Reaktion meiner Figur gegenüberstelle. Ich habe das Buch bei meinen letzten beiden Liveauftritten mit drei Zitaten kurz vorgestellt. Ich sage zu den Leuten: „Ich stelle mir vor, wie ihr versucht, mich laut nachzusprechen! Wenns nicht richtig klappt, dann einfach ein „einwandfrei“, oder „Ding“ oder meinen schrecklichen Lacher einbauen, dann wird das schon!“ Also, wenn eine Conny Palmen konstatiert: „Man muss eine große Liebe auch ertragen lernen“ sage ich dazu (ich?): „De Mensch is halt einfach geschaffen.. äh…. für die Frau!“ – Obama: „Wir werden dieses Land verändern und die Welt.“ „Ja, äh, genau, un wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man die Bäume hinaufreiten ... hehehe!!!“ – „Sie sind das einzige Beispiel dafür dass eine Ratte auf das sinkende Schiff zuschwimmt!“ - „ Nee nee, do gibts noch mehr…“ Churchill und ich, also der andere. – Meyerhoff und Barre kommen auch vor, sag ich hier aber nicht, ätsch.
Ludwig Ricke