Seit genau drei Jahren ist Reinhard Stopp auf Komoot als „Vorderpfälzer“ aktiv. Die Software ist gleichzeitig Routenplaner, Navigations-App, Tourenverzeichnis und soziales Netzwerk für Outdoor-Aktivitäten. Seit diesen drei Jahren ist der 66-Jährige im Ruhestand, plant und dokumentiert seine Rad- und Wandertouren auf der Plattform. In dieser Zeit hat er hier über 300 Touren veröffentlicht. Insgesamt hat die App knapp 10 000 zurückgelegte Kilometer dokumentiert und fast 900 Stunden in Bewegung.Dass Reinhard Stopp schon vorher viel Rad gefahren ist, weiß die App nicht. Doch alle, die ihn kennen, wissen, wie sehr der Pfälzer die Freiheit des Fahrradfahrens liebt. Von Ende Februar bis Anfang Oktober ist er täglich von Böhl-Iggelheim mit dem Fahrrad nach Mannheim zur Arbeit gefahren, wo er im technischen Bereich des „Mannheimer Morgen“ tätig war – 25 Kilometer einfache Strecke. Nur bei sehr regnerischem Wetter war die Bahn eine willkommene Alternative. Und auch mit dem Rennrad hat er so manchen Berg – oder „Buckel“, wie er sagt – genommen. Mehrtagestouren waren schon immer seine Leidenschaft.Fast täglich schwingt sich der „Vorderpfälzer“ auf den Drahtesel – mit wechselnden Begleitern. Er unternimmt Touren mit seiner Frau, alleine, mit Freunden oder ehemaligen Kollegen. Außerdem ist er als Guide sehr gefragt. Als Freund, Kollege und Vorsitzender des Seniorenbeirats übernimmt er es gerne, Routen zu entwerfen, unterwegs eine Einkehr zu planen und Termine für die gesellige Unternehmung zu finden. Kein Wunder, dass auf seinem Komoot-Account schon 1365 Highlights verzeichnet sind. Viel mehr hat er in der Erinnerung. Denn schon immer geht es ihm beim Unterwegs-Sein nicht um die Geschwindigkeit. Er genießt die Landschaft mit ganzem Herzen, hält unterwegs an, um das Panorama auf sich wirken zu lassen und es mit einem Foto einzufangen.   

Genuss-Mensch auf dem Zweirad-2
Stefan Schall (l.) und Reinhard Stopp am Ausgangspunkt in Lindau. BILD: STOPP PRIVAT

„Deutschland ist wunderschön“, schwärmt Reinhard Stopp. „Deshalb habe ich persönlich in der Corona-Zeit auch nichts vermisst“, erklärt er. Obwohl er die Pfalz „wie seine Hosentasche“ kennt, hat er es geschafft, sie in dieser besonderen Zeit noch besser kennenzulernen und neue Ecken zu entdecken. Doch auch außerhalb der geliebten Heimat hat der passionierte Radfahrer neue Eindrücke gesammelt. Gemeinsam mit seinem Freund Stefan Schall aus Römerberg war er Ende Mai wieder einmal unterwegs. Diesmal in sechs Etappen vom Bodensee zum Königssee. Ein Termin, zwei E-Bikes, vier Fahrradtaschen und dann hieß es: rein in den Zug. Vom Mannheimer Bahnhof aus ging es mit kurzem Umsteige-Stopp im Ulm bis zum Kopfbahnhof auf der Lindauer Insel. Schon vom Zugfenster ist zu sehen, wie der Bodensee im Sonnenlicht schimmert.

1. ETAPPE: VON LINDAU NACH IMMENSTADT

„Nach einer kurzen Orientierungsphase in Lindau ging es aus der Stadt heraus. Wir fragten einen Polizisten nach dem Weg“, schildert Reinhard Stopp die ersten Meter der Tour. Entlang der deutsch-österreichischen Grenze ging es für das Duo stetig bergan Richtung Hergensweiler. „Wir hatten immer wieder herrliche Aussichten“, erinnert er sich. „Der Radweg war gut ausgeschildert, trotzdem mussten wir uns öfter mit der Radkarte orientieren.“ Schon kurz vor dem Ziel der ersten, 80 Kilometer langen, Etappe, bei der die Freunde 1250 Höhenmeter überwunden haben, eröffnete sich ein herrliches Panorama mit dem Alpsee. Einer dieser Momente, für die der 66-Jährige das Radfahren so liebt. In Immenstadt angekommen, bezogen die Radfreunde ihr Hotel, freuten sich über hervorragendes Essen und einen sicheren Unterstellplatz für die Räder.

2. ETAPPE: VON IMMENSTADT NACH HALBLECH

Der zweite Tag der Tour startete nach einem guten Frühstück abenteuerlich: „Kurz vor Nesselwang in Maria Rain hatten wir uns auf wenigen Metern verfahren“, erinnert sich der „Vorderpfälzer“. Es folgte ein sehr steiler, unbefestigter Weg mit 17 Prozent Gefälle von Maria Rain bergab nach Nesselwang. Dort angekommen, kundschafteten die beiden Radtouristen das Wohn- und Geburtshaus von Biathlon-Olympiasieger Michael Greis aus, dann ging es weiter. Auch auf den folgenden Kilometern der Etappe, gab es viele Highlights: eine Pause mit herrlicher Aussicht in Hopfen am See, die Überquerung des Lech, ein kurzer Foto-Stopp auf dem Parkplatz von Schloss Neuschwanstein sowie eine Verschnaufpause am Bannwaldsee. Nach 72 Kilometern und 1300 Höhenmetern war es geschafft und das Tagesziel in Halblech erreicht. Ein gemütlicher Abend im Biergarten mit Blick auf die Alpen war der perfekte Ausklang des Tages.

3. ETAPPE: VON HALBLECH NACH BAD TÖLZ

Am dritten Tag waren die 95 Kilometer zum großen Teil auf unbefestigten Wegen zurückzulegen. Die beiden Radreisenden starteten bergauf mit einem Abstecher zur Wieskirche. „Das ist ein Muss auf dieser Reise“, verspricht Reinhard Stopp einen weiteren Höhepunkt. „Auf rund 30 Metern mussten wir später im Wald unsere Fahrräder durch eine kleine Furt schieben. Durch das Murnauer Moos, ein Naturschutzgebiet, folgten wir dem Radweg nach Murnau“, schildert Stopp die weitere Tour. Anschließend führte der Weg weiter zum schönen Kochelsee, bevor er sich bis Benediktbeuern etwas eintönig über Wiesen schlängelte. Direkt am Kloster pausierten die beiden Radler bei einem gleichnamigen Getränk und nahmen sodann das letzte Teilstück über Bichl, Bad Heilbrunn, am Stallauer Weiher entlang Richtung Bad Tölz.

4. ETAPPE: VON BAD TÖLZ NACH ROHRDORF

Am nächsten Tag kehrten die Freizeit-Sportler der schönen Altstadt von Bad Tölz nach einem kurzen Foto-Rundgang den Rücken und steuerten den Tegernsee an. Bei einem Stopp dort stand der Besuch eines Corona-Testzentrums an – wie man 2021 eben reist. Mit dem nötigen Negativ-Nachweis in der Tasche ging es am Schliersee vorbei zum Ziel der Teiletappe in Rohrdorf. Nach 83 Kilometern und 1560 Höhenmetern freuten sich die Freunde über köstliche Schweinshaxen.

5. ETAPPE: VON ROHRDORF NACH NEUKIRCHEN BEI TEISENDORF

71 Kilometer und 1300 Höhenmeter lagen an Tag fünf vor Reinhard Stopp und Stefan Schall. Nach der Nacht im empfehlenswerten Hotel steuerten die beiden Traunstein am Chiemsee an, um dort eine längere Rast einzulegen und sich den nächsten Negativ-Nachweis abzuholen. „Dann ging es weiter. Es gab immer wieder sehr kurze und steile Anstiege“, erzählt Stopp von der Strecke nach Neukirchen. Doch, wer hoch fährt, der darf es meist bald bergab rollen lassen - und darauf konnten sich die passionierten Radler am nächsten Tag freuen.

6. ETAPPE: VON NEUKIRCHEN BEI TEISENDORF NACH BERCHTESGADEN

Die letzten 54 Kilometer der Reise brachten noch einmal 1200 Höhenmeter in die Statistik ein und starteten, wie erwartet, flott bergab bis Teisendorf. Mit einigen Unterbrechungen, um die grandiosen Panoramen in sich aufzunehmen und sie für die Daheimgebliebenen zu fotografieren, kamen die hungrigen Radler zur Mittagsrast in Bad Reichenhall an. Als sie wieder aufbrachen war klar: Nicht mehr lange und das Ziel ist erreicht. „Über Bischofswiesen ging ein schöner asphaltierter Radweg steil bergan Richtung Berchtesgarden. Das Panorama von Watzmann begrüßte uns“, erzählt Stopp und denkt sich zurück in die wunderschöne Landschaft. Immer noch fit, machten sich die Radfahrer am Abend zu Fuß zwei Kilometer weit auf den Weg in die zauberhafte Altstadt von Berchtesgarden, um dort im Biergarten einzukehren.

Den letzten Tag der Radreise verbrachten die beiden Freunde, wie geplant, ganz ohne ihre treuen Gefährte. Stattdessen ging es mit Bus und Schiff voran, um den Königssee zu erkunden – ein Erlebnis für alle Sinne: Trompetenklänge, deren Echo von den Bergen zurückschallt, der Geschmack und Geruch von frisch geräuchertem Saibling und das Rauschen von Deutschlands höchstem Wasserfall. Ein gelungener Abschluss der Tour, bevor es an Tag acht nach dem Frühstück mit der Bahn wieder gen Heimat ging.

Das Fazit fällt bei beiden Radel-Freunden gleichermaßen positiv aus: „Tolle Panoramen, immer an den Deutschen Alpen entlang, viele Seen, klasse Wetter – was will man mehr?!“

Ein Blick auf den Touren-Planer des „Vorderpfälzers“ im Internet reicht, um zu wissen, was dieses „Mehr“ sein könnte. Die nächste größere Reise ist bereits in der Vorbereitung. Denn Stillstand kennen Reinhard Stopp und sein Rad nicht.

Katrin Hoffmann-Walter